Die Ansprüche an Verpackungen steigen, besonders an die Nachhaltigkeit. Bis vor einigen Jahren galt Glas als die umweltbewusste Entscheidung schlechthin. Doch die Sachlage hat sich mittlerweile als weit komplexer erwiesen als gedacht.
Glas hat als Verpackungsmaterial von Lebensmitteln viele Vorteile: Es ist gasdicht, geruchlos und geschmacksneutral. Es tritt nicht in Wechselwirkung mit anderen Stoffen und gibt keine Schadstoffe ab – aus gesundheitlicher Sicht ein großer Bonus.
Glas ist auch sehr hitzebeständig: Da es Temperaturen bis 200 Grad Celsius verträgt, ist eine Hitzesterilisation von Lebensmitteln zum Abtöten von Bakterien, Pilzen und Mikroorganismen in der Verpackung möglich. Das bringt große Vorteile für die Lebensmittelproduktion und -sicherheit.
Neben Weißglas steht auch grünes oder braunes Glas zur Verfügung, das die UV-Strahlung des Lichtes nur mehr teilweise durchlässt bzw. nahezu UV-undurchlässig ist. Daher wird dieses für besonders lichtempfindliche Lebensmittel wie Speiseöle oder Säfte verwendet.
Dass Glasgebinde auch bei hohen Spültemperaturen hygienisch gereinigt werden können, ist ein großer Bonus für ihre Wiederverwendbarkeit – ein Qualitätsaspekt, der in Zeiten der Nachhaltigkeit einen immer größeren Wert hat. Dennoch hat Glas auch Nachteile, die sich in den Bilanzen der Umweltauswirkungen zu Buche schlagen können.
Energieintensive Herstellung
Glas entsteht durch das Schmelzen von Quarzsand, Soda und Kalk bei Temperaturen von bis zu 1.600 Grad. Vor der Weiterverarbeitung muss die Glasschmelze auf unter 600 bis 450 Grad Celsius abgekühlt werden. Der Energieaufwand für diese Prozesse ist entsprechend hoch. Auch für das Einschmelzen von recycelten Glasscherben sind sehr hohe Temperaturen notwendig. Dies ist auch ein wesentlicher Grund, warum der Einsatz und das Recyceln von Einweg-Glas, auch wenn dies beliebig oft möglich ist, in Summe doch wenig umweltbewusst ist.
Schwere Glas-Last
Mehrweg-Glasverpackungen weisen im Vergleich zur Einwegglas-Lösung eine bessere Ökobilanz auf, da sie vor der Einschmelzung im Idealfall bis zu 50-mal wiederbefüllt werden können. PET-Mehrwegflaschen kommen hingegen nur bis maximal 20-mal in Umlauf. Die Nutzungshäufigkeit von Mehrweg-Glas ist also deutlich höher als die von PET-Mehrwegflaschen. Bei Glas kommt allerdings noch das höhere Gewicht zum Tragen, sodass die Kosten für Logistik und der Verbrauch an Energie beim Transport entsprechend höher sind. Da Glas gerade in der Lebensmittelproduktion auch nicht zu zerbrechlich sein darf, stößt die weitere Entwicklung der Leichtglas-Technologie leider hier an ihre Grenzen.
Komplexe Bilanzierung – vielschichtige Ergebnisse
In den Berechnungen von Ökobilanzen müssen alle Auswirkungen auf die Umwelt im Rahmen der Verpackungs- bzw. Rohstoffproduktion, des Transports, des Recyclings bis hin zur Entsorgung berücksichtigt werden. Die Bewertungen und Vergleiche sind komplex und vielschichtig und verändern sich mit jedem Parameter. In der Regel schneiden Mehrweggebinde ökologisch am besten ab, wenn diese nur über kurze Wege transportiert werden. Entscheidend sind aber auch hohe Umlaufzahlen und das Gewicht der Verpackung im Verhältnis zum Inhalt. So wird es bei leichten Lebensmitteln bzw. geringem Inhalt für Mehrwegverpackungen, besonders aus Glas, im Vergleich zum Einweg-Kunststoff schwierig.
Den richtigen Weg finden
Wir stellen an unsere Lebensmittel viele Ansprüche wie lange Haltbarkeit, Hygiene oder konstante Qualität, die (oft erst) durch eine passende Verpackung sichergestellt werden können. Sie ermöglicht außerdem eine bedarfsgerechte Portionierung und ist damit auch zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen wesentlich. Gleichzeitig kann die beste Ökobilanz nur durch den Einkauf von möglichst verpackungsfreien, regionalen (und biologisch produzierten) Lebensmitteln erzielt werden. Aber nicht nur in diesem Zusammenhang sind wir Konsument*innen gefragt. Wir spielen auch eine entscheidende Rolle, wenn es um richtiges Sammeln, Sortieren und Retournieren von Verpackungen geht – egal aus welchem Material – damit Recycling und Mehrweglösungen effizient und gegenseitig ergänzend umgesetzt werden können. Die Herstellerseite ist zudem gefordert, verstärkt Verpackungsmaterialien zu verwenden, die gut recycelbar sind bzw. bereits recycelt wurden. Auf diese Weise können Kreislaufsysteme gefördert und für eine nachhaltigere Verpackungswelt weiter vorangetrieben werden.
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